J. REINHART (1761-1847), Römisches Grabmal Via Nomentana, Radierung Romantik

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Dieses Blatt stammt aus der Graphik-Folge mit den Ansichten von sechs römischen Grabmälern von Johann Christian Reinhart. Sie markiertden Beginn von Reinharts Zusammenarbeit mit dem Nürnberger Verleger und Kunsthändler JohannFriedrich Frauenholz (1758-1822). Die 1792 publizierte Folge verkörpert dabei Reinharts Wunsch nacheinem von der Antike lebendig durchdrungenen Italien. Anders als Piranesis wild-romantische Architekturveduten,in denen Phantasie und Realität eine unauflösbare Allianz eingehen, suchte Reinhart einendie Realität spiegelnden Ansatz in seinen Blättern zu verwirklichen. Es sollte eben jene Antike auch weiterhinals Teil der Lebenswelt des zeitgenössischen Menschen erscheinen. Wo Piranesis Visionen oft insAbgründige und Schauerliche gleiten, da inszeniert Reinhart bewusst eine Aussöhnung des Menschen mitden Relikten der Vergangenheit. Ihre Präsenz erfüllt dabei zwei wichtige Faktoren des Erinnerungskultes:Sie weisen zum einen darauf hin, dass nichts ewig dauert, und sei es noch so prächtig und mächtig. Zumanderen betonen sie die Kontinuität des Lebens, auch über den Tod hinaus, wofür die Grabmäler einedoppelte Symbolik entwickeln. Reinhart verzichtet allerdings auf eine Nivellierung der eigentlichen Bedeutung der Bauwerke. Die Überwachsungenund der Verfall sind hier gerade keine Zeichen des Vergessens. Kompositorisch bindet Reinheitdie Grabmäler so in seine Radierungen ein, dass sie stets von einem tiefer liegenden Standpunkt ausgesehen werden und so für den Betrachter erhöht erscheinen. Wie Monumente ragen sie in den Himmelempor und erheben sich über die Wirkungsebene des Menschen. Die einzige Ausnahme bildet das Blattmit der Ansicht des Inneren des Grabmals der Nasoner. Hier erhellt die Sonne das leere Innere des Grabmalsund Reinhart verzichtet auf die Darstellung von Personen in diesem Blatt. Man kann dies als medialeVerschiebung verstehen: Wo wir bei den anderen Blättern von außen auf die komplette Szenerie schauenund gleichsam wie ein unbeteiligter Beobachter alles überblicken, da sind wir in diesem Blatt selbstbeteiligt und nehmen die Position ein, die in den anderen Blättern den italienischen Hirten zuteil wird. Diese Methode steigert die Zugehörigkeit des Betrachters zu der Szenerie und führt ihn damit an ReinhartsVorstellung einer lebendigen Antike heran. Wir stehen selbst in der Antike.

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Beschreibung

Johann Christian Reinhart (1761 Hof/Bayern – 1847 Rom), Römisches Grabmal Via Nomentana, 19. Jahrhundert, Radierung

  • Technik: Radierung auf Papier
  • Bezeichnung: Unten rechts in der Platte signiert und datiert, unterhalb der Darstellung im Rand beschriftet.
  • Datierung: 19. Jahrhundert
  • Beschreibung: Dieses Blatt stammt aus der Graphik-Folge mit den Ansichten von sechs römischen Grabmälern von Johann Christian Reinhart. Sie markiertden Beginn von Reinharts Zusammenarbeit mit dem Nürnberger Verleger und Kunsthändler JohannFriedrich Frauenholz (1758-1822). Die 1792 publizierte Folge verkörpert dabei Reinharts Wunsch nacheinem von der Antike lebendig durchdrungenen Italien. Anders als Piranesis wild-romantische Architekturveduten,in denen Phantasie und Realität eine unauflösbare Allianz eingehen, suchte Reinhart einendie Realität spiegelnden Ansatz in seinen Blättern zu verwirklichen. Es sollte eben jene Antike auch weiterhinals Teil der Lebenswelt des zeitgenössischen Menschen erscheinen. Wo Piranesis Visionen oft insAbgründige und Schauerliche gleiten, da inszeniert Reinhart bewusst eine Aussöhnung des Menschen mitden Relikten der Vergangenheit. Ihre Präsenz erfüllt dabei zwei wichtige Faktoren des Erinnerungskultes:Sie weisen zum einen darauf hin, dass nichts ewig dauert, und sei es noch so prächtig und mächtig. Zumanderen betonen sie die Kontinuität des Lebens, auch über den Tod hinaus, wofür die Grabmäler einedoppelte Symbolik entwickeln. Reinhart verzichtet allerdings auf eine Nivellierung der eigentlichen Bedeutung der Bauwerke. Die Überwachsungenund der Verfall sind hier gerade keine Zeichen des Vergessens. Kompositorisch bindet Reinheitdie Grabmäler so in seine Radierungen ein, dass sie stets von einem tiefer liegenden Standpunkt ausgesehen werden und so für den Betrachter erhöht erscheinen. Wie Monumente ragen sie in den Himmelempor und erheben sich über die Wirkungsebene des Menschen. Die einzige Ausnahme bildet das Blattmit der Ansicht des Inneren des Grabmals der Nasoner. Hier erhellt die Sonne das leere Innere des Grabmalsund Reinhart verzichtet auf die Darstellung von Personen in diesem Blatt. Man kann dies als medialeVerschiebung verstehen: Wo wir bei den anderen Blättern von außen auf die komplette Szenerie schauenund gleichsam wie ein unbeteiligter Beobachter alles überblicken, da sind wir in diesem Blatt selbstbeteiligt und nehmen die Position ein, die in den anderen Blättern den italienischen Hirten zuteil wird. Diese Methode steigert die Zugehörigkeit des Betrachters zu der Szenerie und führt ihn damit an ReinhartsVorstellung einer lebendigen Antike heran. Wir stehen selbst in der Antike.
  • Schlagworte: Landschaft, Italien, Romantik, 1800-1849
  • Größe: 20,4 cm x 25,8 cm, Druckplatte: 15,7 cm x 20,8 cm
  • Zustand: Sehr guter, gereinigter Zustand. Schöner, kontrastreicher Abdruck.

 



 

English Version:

 

Johann Christian Reinhart (1761 Hof/Bavaria – 1847 Rom), Roman Tomb Via Nomentana, 19th century, Etching

  • Technique: Etching on Paper
  • Inscription: Signed and dated lower right in the plate, inscribed in the margin below the image.
  • Date: 19th century
  • Description: This print is from the series of prints with views of six Roman burial monuments by Johann Christian Reinhart. It marks the beginning of Reinhart’s collaboration with the Nuremberg publisher and art dealer Johann Friedrich Frauenholz (1758-1822). The series, published in 1792, embodies Reinhart’s desire for an Italy vividly imbued with antiquity. Unlike Piranesi’s wildly romantic architectural veduta, in which fantasy and reality enter into an indissoluble alliance, Reinhart sought to realise an approach that reflected reality in his letters. The idea was that antiquity should continue to appear as part of the living world of contemporary man. Where Piranesi’s visions often slide into the gruesome and eerie, Reinhart consciously stages a reconciliation of man with the relics of the past. Their presence fulfils two important factors of the cult of memory: on the one hand, they point out that nothing lasts forever, no matter how powerful and mighty it may be. Secondly, they emphasise the continuity of life, even beyond death, for which the funerary masons develop a double symbolism. Reinhart, however, refrains from levelling the actual meaning of the buildings. The overgrowth and decay are not signs of forgetfulness. Compositionally, Reinhart integrates the tombs into his etchings in such a way that they are always seen from a lower point of view and thus appear elevated to the viewer. Like monuments, they tower into the sky and rise above the level of human activity. The only exception is the sheet with the view of the interior of the tomb of the Nasons. Here the sun illuminates the empty interior of the tomb and Reinhart refrains from depicting people in this sheet. This can be understood as a medial shift: Whereas in the other leaves we look at the complete scene from the outside and, as it were, overlook everything like an uninvolved observer, in this sheet we are ourselves involved and take the position that is given to the Italian shepherds in the other leaves. This method increases the viewer’s sense of belonging to the scene and thus brings him closer to Reinhart’s idea of a living antiquity. We ourselves stand in the ancient world.
  • Size: 20,4 cm x 25,8 cm (8 x 10,2 in), Plate: 15,7 cm x 20,8 cm (6,2 x 8,2 in)
  • Condition: Very good, cleaned condition. Beautiful impression, rich in contrast.

Zusätzliche Information

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