J. RÖSEL (1768-1843), Gedenkblatt für ein Freundschaftsbuch, 1794, Klassizismu

750,00 

Als Theodor Fontane in seinen 1872 herausgegebenen Wanderungen durch die Mark Brandenburg anlässlich des Besuchs am Grab von Samuel Rösel fragte Wer war er?1, erhielt er umgehend diese Antwort:Oh, mein lieber Herr Fontane, röten sich nicht Ihre Wangen über solche Unwissenheit? Professor Rösel war ein hervorragender Mann der Berliner Akademie, eine wohlbekannte sehr beliebte Persönlichkeit, Anfang der dreißiger Jahre in den Familien Schadow, Spener, Link gern gesehen, wo er durch Satire, Komik und ausgezeichnete Geselligkeit alles zu erheitern wußte. Und nun fragen Sie: wer war er? Sie haben sich durch diese Frage eine arge Blöße gegeben, und wenn ich Sie nicht um Ihrer im letzten Kriege bewiesenen Vaterlandsliebe willen schätzte, so würden Sie sich eine öffentliche Rüge zugezogen haben (…).Es soll aber erst der Anfang einer regelrechten Brieflawine sein, die dem Schriftsteller half, seine Wissenslücke zu schließen. Aus ganz Deutschland, Italien und sogar Amerika kamen umfangreich Erinnerungen an das Literatur- und Kunstverständnis, das gediegene Wissen sowie an den berühmten Humor des Berliner Akademieprofessors.Dank seiner Tätigkeit als Zeichenlehrer des preußischen Kronprinzen Friedrich Wilhelm verkehrte er in der angesehenen Berliner Gesellschaft, zu der u.a. der Philosoph Georg Wilhelm Friedrich Hegel und der Komponist Carl Friedrich Zelter gehörten. Ent-sprechend beachtlich war sein Freundeskreis, was freilich seinen einsamen Tod in der Wohnung eines königlichen Bediensteten nicht verhinderte. Rösel liebte es, seine Freunde mit kleinen Zeichnungen und selbstgedichteten Versen für jeden Anlass zu beschenken. Auch trug er sich gerne in sogenannte Erinnerungsbücher ein, wie etwa in das Album Amicorum der Herzogin Dorothea von Dino, das er mit fein ausgeführten Blumenornamenten schmückte.Die kleine Papierarbeit ist ebenfalls als Eintrag für ein Erinnerungsbuch entstanden. Dafür wählte Rösel ein Thema, mit dem er unter seinen Zeitgenossen berühmt wurde: die Ideallandschaft. Es ist eine subtile Tuschezeichnung voller raffinierter Schattenspiele. Der Baum hielt offenbar der Einwirkung der Zeit nicht stand und wurde gebrochen. Sein letzter belaubter Ast hängt über einem mächtigen Stein. Später ergänzt Rösel das Motiv durch eine kurze Sentenz: Zum Beweise meiner Zufriedenheit. Sehr knapp, könnte man meinen. In Verbindung mit dem Stein, der für Beständigkeit steht, kommt hier aber der Glaube zum Ausdruck, der sein Leben lang unerschüttert blieb: der Glaube an Freundschaft.

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Beschreibung

Johann Gottlob Samuel Rösel (1768 Breslau – 1843 Potsdam), Gedenkblatt für ein Freundschaftsbuch, 1794, Tusche

  • Technik: Tusche auf Papier
  • Bezeichnung: unten rechts datiert und signiert: “d. 27 Mai 1794 Rösel.”
  • Datierung: 1794
  • Beschreibung: Als Theodor Fontane in seinen 1872 herausgegebenen Wanderungen durch die Mark Brandenburg anlässlich des Besuchs am Grab von Samuel Rösel fragte Wer war er?1, erhielt er umgehend diese Antwort:
    Oh, mein lieber Herr Fontane, röten sich nicht Ihre Wangen über solche Unwissenheit? Professor Rösel war ein hervorragender Mann der Berliner Akademie, eine wohlbekannte sehr beliebte Persönlichkeit, Anfang der dreißiger Jahre in den Familien Schadow, Spener, Link gern gesehen, wo er durch Satire, Komik und ausgezeichnete Geselligkeit alles zu erheitern wußte. Und nun fragen Sie: wer war er? Sie haben sich durch diese Frage eine arge Blöße gegeben, und wenn ich Sie nicht um Ihrer im letzten Kriege bewiesenen Vaterlandsliebe willen schätzte, so würden Sie sich eine öffentliche Rüge zugezogen haben (…).
    Es soll aber erst der Anfang einer regelrechten Brieflawine sein, die dem Schriftsteller half, seine Wissenslücke zu schließen. Aus ganz Deutschland, Italien und sogar Amerika kamen umfangreich Erinnerungen an das Literatur- und Kunstverständnis, das gediegene Wissen sowie an den berühmten Humor des Berliner Akademieprofessors.
    Dank seiner Tätigkeit als Zeichenlehrer des preußischen Kronprinzen Friedrich Wilhelm verkehrte er in der angesehenen Berliner Gesellschaft, zu der u.a. der Philosoph Georg Wilhelm Friedrich Hegel und der Komponist Carl Friedrich Zelter gehörten. Ent-sprechend beachtlich war sein Freundeskreis, was freilich seinen einsamen Tod in der Wohnung eines königlichen Bediensteten nicht verhinderte. Rösel liebte es, seine Freunde mit kleinen Zeichnungen und selbstgedichteten Versen für jeden Anlass zu beschenken. Auch trug er sich gerne in sogenannte Erinnerungsbücher ein, wie etwa in das Album Amicorum der Herzogin Dorothea von Dino, das er mit fein ausgeführten Blumenornamenten schmückte.
    Die kleine Papierarbeit ist ebenfalls als Eintrag für ein Erinnerungsbuch entstanden. Dafür wählte Rösel ein Thema, mit dem er unter seinen Zeitgenossen berühmt wurde: die Ideallandschaft. Es ist eine subtile Tuschezeichnung voller raffinierter Schattenspiele. Der Baum hielt offenbar der Einwirkung der Zeit nicht stand und wurde gebrochen. Sein letzter belaubter Ast hängt über einem mächtigen Stein. Später ergänzt Rösel das Motiv durch eine kurze Sentenz: Zum Beweise meiner Zufriedenheit. Sehr knapp, könnte man meinen. In Verbindung mit dem Stein, der für Beständigkeit steht, kommt hier aber der Glaube zum Ausdruck, der sein Leben lang unerschüttert blieb: der Glaube an Freundschaft.
  • Schlagworte: Biedermeier, Freundschaftsbuch, Freundschaftsbrief, Natur, Billet, Landschaft, , Klassizismus, 1750-1799
  • Größe: 9,9 cm x 12,8 cm, Weitere Maße: 9,9 x 12,8 cm
  • Zustand: Sehr guter Zustand. Entlang der Kanten minimal verfärbt.

 



 

English Version:

 

Johann Gottlob Samuel Rösel (1768 Wroclaw – 1843 Potsdam), Sheet for a friendship album, 1794, Indian ink

  • Technique: Indian ink on Paper
  • Date: 1794
  • Size: 9,9 cm x 12,8 cm (3,9 x 5 in), additional specification:
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Zusätzliche Information

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